Abtauchen ohne Luft.

Mentaltraining

Extremsportler und deren mentale Fähigkeiten üben seit langem eine Faszination auf mich aus. Freikletterer oder Freitaucher begeben sich bewusst in Situationen unmittelbarer Todesgefahr und vollbringen dabei auch noch Höchstleistungen. Ungeachtet der meist höchst professionellen und wohl überlegten Vorbereitungen, bedarf es im Zeitraum der Umsetzung einer maximalen Fokussierung.
Ein unkontrolliertes Aufkeimen von Angst oder gar Panik muss kontrolliert bzw. verhindert werden.

In diesen mentalen Bereich wollte ich mit dem Workshop “Yoga & Freitauchen” ein wenig hineinschnuppern. Wie sich herausstellte, hat der leistungsbezogene Extremsport Freitauchen vielmehr mit Yoga gemeinsam, als man auf den ersten Blick vermuten würde. In beiden Fällen steht Entspannung im Mittelpunkt.

Gleich zu Beginn lernte ich, dass die mentale Vorbereitung entscheidend für das erfolgreich lange Abtauchen ist und die Zeit vor dem Luft anhalten essentiell und ausschlaggebend ist.

Neben dem Kennenlernen von Atemtechniken, versuchten wir, uns mit meditativen Übungen von negativen Gedanken zu befreien. Um letztlich einen Zustand der Entspannung und positiven Stimmung zu erlangen.

Ist der Kopf frei von belastenden Gedanken,
benötigt das Gehirn auch weniger Sauerstoff.

Die eigentliche Übung bestand darin, möglichst lange die Luft unter Wasser anzuhalten. Dafür versuchten wir so entspannt als möglich im Wasser zu treiben, um nicht durch unnötige Muskelaktivitäten Sauerstoff zu verbrauchen.

An dieser Stelle ist wichtig zu erwähnen, dass sämtliche Übungen immer im Buddy-Prinzip ausgeführt wurden. Sprich eine Person taucht unter, während die zweite Person sichert (über Wasser eine Kontrollfunktion ausübte).

Im Zuge des Trainings testete ich unterschiedliche Varianten der Umsetzung und gewann daraus folgende Erkenntnisse:

  • Versuche in unmittelbare Nähe des Beckenrandes waren erfolgreicher – der greifbare Beckenrand vermittelte mir Sicherheit und nahm mir ein wenig die Angst
  • Erst mit der Gewissheit, dass mein Buddy zu 100% ein Auge auf mich hat, konnte ich mich fallen lassen und für mich überraschende Zeiten erreichen.
  • Der Buddy ist nicht 1:1 austauschbar. Es bedarf einer gewissen “Verbindung” und Zeit bis man aufeinander eingespielt ist, um sich auf jemanden maximal zu verlassen.
  • Das zwangsläufige aufkeimen von Todesängsten (Ersticken) lässt sich mit aktivem gegensteuern einigermaßen in Zaum halten. Mir half in diesem Zusammenhang der Zuspruch meines Buddy. Gedanklich betete ich mir Sätze wie “es ist alles OK”, “mein Buddy schaut auf mich”, “ich kann jederzeit auftauchen” und ähnliches vor.
  • Durch die mentale Auseinandersetzung mit meinen Ängsten konnte ich letztlich meine Grenzen überschreiten.
  • Das lösen von einem zeitlichen Erwartungsdruck brachte mich über 80% der Dauer, die restlichen 20% erreichte ich mit Ehrgeiz, noch ein paar Sekunden mehr schaffen zu wollen.

Mein erster Versuch (mitten im Becken treibend ohne Körperkontakt mit dem Buddy) endete nach 1:08, mein letzter Versuch (am Beckenrand mit kontinuierlichem Körperkontakt und verbaler Motivation durch meinen Buddy) endete nach 2:49

Ich danke Florian Reitlinger vom Yoga Zentrum Mödling und Jakob Galbavy für diese außergewöhnliche Erfahrung. Als auch Katharina Wallner die mich auf diesen Workshop aufmerksam machte.

Flaschentaucher tauchen unter um sich umzusehen, Freitaucher tauchen unter, um in sich hinein zu schauen.

Jakob

Ergänzt am 09. Juli 2015

Nach meinen ersten Erfahrungen im Hallenbad, war es Zeit für erste Versuche in einem See. Neben anfänglicher Statikübungen stand auch das Tieftauchen auf dem Programm. Auch hier zeigte sich, dass anfänglich unüberwindbare Grenzen mit entsprechender Vorbereitung und Übung sich verschieben lassen.